Bestand in der Hand

Mobiles Bestandsdatenmanagement schließt Informationslücken vor Ort und eröffnet Chancen bei Objektpflege, Modernisierung und Vertrieb. Nur wenn aktuelle Informationen vorliegen, laufen Geschäftsprozesse rund – und blühen IT-gestützt auf.

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Wo besteht Sanierungsbedarf? Sind alle Gefahrenquellen erfasst? Welche Wohnung ist noch ohne Rauchmelder? Die tägliche Arbeit verlangt von Immobilienunternehmen Antwort auf viele Fragen. Im Rahmen der Verkehrssicherung müssen Prüfpflichten definiert sein, um Begehungen durchführen und dokumentieren zu können. Bei Wohnungsabnahmen oder übergaben sind Ausstattung, Zustände und Schäden zu beurteilen. Valide Informationen erleichtern die Neuvermietung und sind auch für Modernisierungen oder Mieterhöhungen relevant.

Mit Daten in den Adern lebt das Geschäft. Doch gerade großen Unternehmen fehlen oft aussagekräftige Einzelheiten zu Objekten und ihren Bestandteilen. Das erschwert und verlangsamt nicht nur viele Abläufe, der Mut zur Lücke führt mitunter zu Unmut: So kann der Mangel an Informationen zum Beispiel bei Mieterhöhungen vorschnell zu gerichtlichen Auseinandersetzungen führen. Für Verwalter von Fremdeigentum bedeutet das nicht nur erboste Mieter, sondern unter Umständen den Verlust von Kunden. Auch Gewährleistungsansprüche gegenüber Baupartnern oder Lieferanten sind auf Basis selten aktualisierter Informationen schwer durchsetzbar, ebenso wie sich der Verkauf von Immobilien ohne belastbare Bestandsdaten schwierig gestaltet.

Bestandbeistand für unterwegs

Datenarmut und veralteten Datenbeständen ist beizukommen. Mobiles Bestandsdatenmanagement ermöglicht die individuelle, detaillierte Erhebung aktueller Informationen genau dort, wo sich Objekte und Wohnungen befinden. Direkt vor Ort können Mitarbeiter von Immobilienunternehmen via Webanwendung auf Tablet oder Smartphone komfortabel umfangreiche Details aufnehmen, abrufen oder aktualisiere n. Zentral im ERP-System gesichert stehen sie in der Regel sofort für die Weiterverarbeitung zur Verfügung.

Ein Beispiel: Soeben hat ein Wohnungsunternehmen eine neue Immobilie erworben. Ein Mitarbeiter begibt sich in das bewohnte Objekt, um wichtige Informationen zu erheben. Er stellt fest, dass im Treppenhaus Geländerstreben fehlen und auf dem Spielplatz ein Klettergerüst einzustürzen droht. Mittels mobiler Anwendung erfasst er den schadhaften Zustand der Bauteile durch Auswahl vorgegebener Textbausteine sowie, wenn nötig, in eigenen Worten. Dies ermöglicht zwei notwendige Folgeprozesse: Zum einen sind Geländer und Gerüst für künftige Begehungen im Rahmen der Verkehrssicherung als Gefahrenquellen erfasst, zum anderen können die genau beschriebenen Schäden, auch automatisiert, zur Reparatur an technische Mitarbeiter oder externe Handwerker weitergeleitet und behoben werden.

Szenario de luxe

Als Nächstes begibt sich der Mitarbeiter in eine leerstehende Wohnung des Gebäudes. Hier erfasst er die Ausstattung pro Raum, beurteilt den Zustand der Bauteile, prüft mietspiegelrelevante Merkmale und legt unter Umständen sogar Modernisierungsmaßnahmen fest, unterstützt von Upload-Möglichkeiten für Fotos oder Grundrisse. Die Daten können sofort zur Beauftragung von Handwerkern genutzt sowie an den Vertrieb weitergeleitet werden, wo sie dazu dienen, ein Exposé der Wohnung zu erstellen. Ist ein Interessent gefunden, bilden die erhobenen Informationen die Grundlage für Mietvertrag und Wohnungsübergabe.

Schnitt. Drei Jahre später: Der ausgewählte Interessent zieht wieder aus. Inzwischen hat der kreative, handwerklich begabte Bewohner eine Zwischenwand eingezogen und aus einem Raum zwei gemacht. Nur erinnert er sich nicht mehr daran. Glücklicherweise wurden die Daten vor Neuvermietung exakt festgehalten – und kann der Mitarbeiter, der die Wohnungsabnahme durchführt, mühelos feststellen, wie viele Räume die Wohnung zuvor hatte. Auch für ihre Ausstattung und den Zustand vor dem Einzug gibt es eine sichere Gedächtnisstütze. Die Frage, wer für welche Schönheitsreparaturen zuständig ist, lässt sich auf dieser Basis eindeutig klären. Zugleich kann der Begehende die Gelegenheit nutzen, um neue Daten aufzunehmen, etwa im Hinblick auf einen neuen Mietspiegel oder eine inzwischen geplante Modernisierung.

Mobiler Fakt-Schrittmacher

Überall und jederzeit besteht Einblick in eine große Menge von Informationen: Eine intuitive Navigation führt vom Groben ins Feine und umgekehrt, also etwa von der Wirtschaftseinheit über Gebäudekomplex und Gebäude bis hin zu Wohnung und Raum. Je nach Ebene erscheinen die dazu vorliegenden Informationen – für eine Wirtschaftseinheit zum Beispiel bestehende Park- oder Spielplätze, für eine Wohnung der zugewiesene Stellplatz. Entsprechend lassen sich pro Ebene auch Bauteile, Meldungen, zuständige Dienstleister je Gewerk oder Dokumente anzeigen. Eine GPS-Lokalisierungsfunktion, die Objekte in der Umgebung anzeigt, ermöglicht einen besonders komfortablen Zugriff.

Ihr volles Potenzial entfaltet eine Lösung fürs Bestandsdatenmanagement erst im Zusammenspiel mit weiteren Anwendungen. In Verbindung mit einem Handwerkerportal lassen sich zum Beispiel externe Dienstleister automatisiert beauftragen. Ein Monitoring-Tool bietet Zugriff auf wichtige Kennzahlen, die bedeutsame Entwicklungen im Bestand visualisieren, zum Beispiel im Hinblick auf Reparaturanfälligkeit oder Leerstände. Eine Mieter-App nutzt vorliegende Ausstattungsdaten, um Mietern die Meldung von Schäden oder anderen Anliegen zu erleichtern. Auf diese Weise ins System gepumpt, werden die Daten im Geschäftskreislauf optimal verwertet.

Voraussetzung ist ein kontextübergreifendes Konzept zu Arbeitsabläufen und Datenstruktur. Damit es funktioniert, sollte das zugrundeliegende ERP-System schnell mit einem Grundstock an Daten gefüttert und fortlaufend ergänzt werden. Bestenfalls kann jeder Mitarbeiter, der vor Ort tätig wird, auf die mobile Webanwendung zur Bestandsdatenpflege zugreifen und neue Daten abrufen oder erheben. Aus diesem Grund sollte sie unbedingt intuitiv bedienbar sein. Im Idealfall richtet sich die Funktionalität gezielt nach der Rolle des Anwenders beziehungsweise seinen Aufgaben. Das Prinzip lässt sich sogar auf externe Dienstleister übertragen.

Digitalisierung braucht Daten

Aktuelle Informationen werden an allen Ecken und Enden gebraucht, erst recht, wenn ein ganzheitliches System von IT-Anwendungen die Arbeitsabläufe unterstützt. Die zentrale Sicherung und Vernetzung der Daten potenziert die Effizienz: Wenn Mitarbeiter für ihre jeweils anfallenden Aufgaben auf stets denselben digitalen Informationspool mit den neuesten Daten zugreifen, können Arbeitsschritte ohne Übertragungsfehler, automatisiert und dort, wo es passt, parallel verlaufen. Das beschleunigt Geschäftsprozesse und macht Leistungen transparent.

Darüber hinaus erschließen sich neue Perspektiven und Entwicklungen, die Informationen in großer Detailtiefe erfordern: Individuelles Wohnen im Smart-Home, Internet der Dinge, gesetzliche Vorschriften zu Sicherheit und Datenschutz – das und viel mehr fließt jetzt schon in moderne Wohnkonzepte ein. Spätestens bei der Umsetzung werden entsprechend mehr Daten fällig. Ein Smart-Home ist nur so smart wie der digitale In- oder Output von Fakten.

Fazit

Mit einer mobilen Lösung fürs Bestandsdatenmanagement lassen sich Informationen komfortabel vor Ort erfassen oder pflegen und direkt für alle Arten von Aufgaben weiterverarbeiten. Die einmal erfassten Daten können vielfach genutzt werden, verknüpft mit weiteren Anwendungen sind so ganze Geschäftsprozesse automatisierbar. Zahlreiche technische und kaufmännische Aufgaben gehen effizient von der Hand. Nichts entgeht mehr: Fakten werden dokumentiert und tragen dazu bei, den Bestand im Blick und instand zu halten sowie zu modernisieren. Daneben ist das Unternehmen gewappnet für Auseinandersetzungen mit Mietern, Dienstleistern oder Kunden.

Mittelfristig fällt so kein Objekt, keine Wohnung, kein Bauteil mehr aus dem Raster und ist das Unternehmen – up to date – für künftige Herausforderungen im Rahmen der Digitalisierung gut aufgestellt.

Veröffentlicht in IVV immobilien vermieten & verwalten, Ausgabe 9/2018 und Wohnungswirtschaft.heute digtal, Ausgabe 3/2018 (gekürzt)