Wie Sie vermeiden, den Bock zum Gärtner zu machen

In der Immobilienbranche gibt es vermutlich kaum eine gängigere Phrase als „Eigentum verpflichtet“ – denn die steht bereits im Grundgesetz. Das klingt einfach und eindeutig, ist aber alles andere, wie Branchenbeschäftigte wissen. Denn mit der Verantwortung folgen Verpflichtungen.

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Diese werden unter dem Begriff Betreiberverantwortung zusammengefasst. Dieser wiederum fungiert als Oberbegriff für die unterschiedlichen Handlungsfelder Instandhaltung/Wartung, Hygienemaßnahmen und Verkehrssicherungspflichten. Will heißen: Der Eigentümer ist für die Sicherheit seiner Aufzüge verantwortlich, auch ohne über jegliche Wartungs- und Instandhaltungskompetenz für deren Betrieb zu verfügen. Es leuchtet sofort ein, dass Eigentümer oder Eigentumsverwaltungen diese und weitere Verpflichtungen nicht allesamt in Eigenregie erfüllen können. In diesem und weiteren Fällen ist er auf die Unterstützung von Dienstleistern angewiesen.

Delegation von Betreiberpflichten

Das Zauberwort lautet: Delegation. Insbesondere wenn es um komplexe technische Anlagen, wie zum Beispiel Aufzüge, Heizungsanlagen oder Anlagen zur Warmwasseraufbereitung geht, werden die Betreiberpflichten in der Regel an Wartungsfirmen delegiert. In diesem Fall, also wenn der Eigentümer die Wartung seiner technischen Anlagen durch zertifizierte Fachfirmen ausführen lässt, ist ein wesentlicher Punkt seiner Betreiberverantwortung bereits erfüllt. Wer sich jetzt aber zurücklehnt und meint, damit sei alles Nötige geregelt, wiegt sich in trügerischer Sicherheit. Denn: Der Betreiber ist auch zur Dokumentation verpflichtet. Will heißen: Er muss (nicht nur im Schadensfall!) nachweisen können, dass der Dienstleister seiner Verpflichtung wie vereinbart und vorab festgelegt nachgegangen ist.

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Doppeltes Dilemma

Gut, denkt sich der gewissenhafte Adept der Gesetze – und lässt sich von seinen Fachfirmen nachweisen, was genau sie im Rahmen der Anlagenwartung getan haben. Das ist deutlich besser, aber leider nicht ausreichend, wie nachfolgendes Beispiel verdeutlicht: Ein Warmwasserspeicher wird regelmäßig von einer Fachfirma gewartet – die Wartungsaktivitäten lässt sich der Anlagenbetreiber per Wartungsprotokoll nachweisen. In keinem der Protokolle wurde die gesetzlich geforderte „Prüfung einer Trinkwasserprobe“ vermerkt. Ein Hausbewohner erkrankt; als Ursache wird eine Legionelleninfektion diagnostiziert. Die Frage ist, ob der Eigentümer haftbar gemacht werden kann.

Sehr wahrscheinlich kann er das. Denn der Betreiber muss zweierlei Dokumente vorhalten – zum einen die Nachweisdokumente (im Beispiel ist es das Wartungsprotokoll) und zum zweiten vollständige und aktuelle Unterweisungsdokumente, in denen geregelt ist, welchen Aufgaben die Fachfirma nachzukommen hat (hier empfiehlt sich ein kompetenter Partner für die Lieferung und Aktualisierung der Unterweisungsdokumente).

Diese Pflicht hat es in sich. Das Dilemma ist sogar ein Doppeltes:

  1. Es liegt nahe, dass die mit der Anlagenwartung betraute zertifizierte Fachfirma weiß, welche Auflagen zu erfüllen sind und der Anlagenbetreiber darauf vertrauen kann. Insofern könnte man versucht sein, die Unterweisungsdokumente von dieser Firma zu beziehen. Das ist aber zumindest ein Risiko, wie das obige Beispiel illustriert.
  2. Mit dem Vorhalten des Unterweisungsdokuments an sich ist es nicht getan – dem Betreiber obliegt neben der Organisations- und der Selektionspflicht (Verteilung der Tätigkeiten, Auswahl von Fachpersonal) auch die Aufsichtspflicht. Das bedeutet, er muss prüfen, ob die Betreiberpflichten erfüllt werden. Es genügt also nicht, Unterweisungsdokumente in der Schublade zu haben.

Man mag versucht sein, hier den Kopf schütteln und diese Betrachtung als haarspalterische Petitesse abzutun. Der Gedanke liegt nahe: Habe ich denn meiner Verantwortung nicht Genüge getan, wenn ich die Anlagenwartung in kundige Hände lege? Diese Sichtweise ist weit verbreitet – es gibt aber Wohnungsunternehmen, die sich auch gegen das Dilemma, Stufe 2, absichern wollen. Das tun sie, indem sie Spezialisten für diese Sachthemen im eigenen Unternehmen beschäftigen – oder aber, indem die Rolle der Aufsichtsinstanz ebenso an Spezialfirmen delegiert wird.

Dank strukturierter Darstellung der offenen Begehungen fällt keine Begehung unter den Tisch.

Verkehrssicherungspflichten

Anderes Beispiel, ähnlicher Sachverhalt: Für die Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht müssen mögliche Gefahrenquellen während regelmäßiger Inspektionen von entsprechend qualifiziertem Fachpersonal erfasst werden (droht unmittelbar Gefahr, beispielsweise durch einen nahenden Kälteeinbruch oder ein angekündigtes Unwetter, sind auch Ad-hoc-Begehungen notwendig). Auch für diese Betreiberpflicht gibt es eine zweifache Dokumentationspflicht – bestehend aus Nachweisdokumenten und Unterweisungsdokumenten.

Die Prüfpflichten sind klar definiert und beschrieben.

Option A: Begehungen in Eigenregie

Für die Durchführung der Begehungen im Rahmen der Wahrnehmung der Verkehrssicherungspflicht sind im Unterschied zur Wartung von technischen Anlagen oft keine speziellen Qualifikationen notwendig – insofern organisieren viele Wohnungsunternehmen diesen Prozess weitgehend in Eigenregie.

Dafür gibt es sehr effiziente Softwarelösungen, die nach folgendem Prinzip funktionieren:

  • Der Betreiber bezieht das Unterweisungsdokument (Pflichtenheft Verkehrssicherung) von einem geeigneten Anbieter und erfasst es in Form von Regeln in seinem ERP-System.
  • Auf Basis dieser Regeln werden rollenspezifische Begehungspläne (sogenannte Checklisten) für die Mitarbeiter, die die Begehungen durchführen, im ERP-System generiert. Diese Checklisten können mittels mobiler Geräte (Tablets, Smartphones, Laptops) vor Ort abgearbeitet werden.
  • Diese Live-Protokollierung der Begehungen (Ist die Schaukel auf dem Spielplatz defekt? Ist ein Ast abgebrochen? Steht die Gehwegplatte hoch? etc.) wird in Echtzeit in das ERP-System und ohne mühsamen nachgelagerten Papierkram synchronisiert – notwendige Folgeprozesse werden zudem direkt ausgelöst.
Ist alles in Ordnung, wird ein Haken gesetzt. Ist eine Instandsetzung nötig, können der Schaden beschrieben und vor Ort eine entsprechende Meldung aufgegeben werden.

Option B: Fremdvergabe von Begehungen

Es gibt auch Wohnungsunternehmen, die diese Begehungen von externen Firmen durchführen lassen. In diesem Fall müssen wir unterscheiden.

  1. Handelt es sich bei der ausführenden Firma nur um einen „verlängerten Arm“, also gibt der Auftraggeber die Begehungspläne minutiös vor? Das wäre der Fall, wenn das Unterweisungsdokument für die Verkehrssicherungspflichten aus einer separaten Quelle stammt.
  2. Ist es vielleicht ähnlich der Anlagenwartung und die ausführende Firma nimmt zusätzlich die „Expertenrolle“ ein, verfügt also auch über die Kenntnisse, die die Verkehrssicherungspflichten mit sich bringen? Im ersten Fall kann nach dem obigen Vorgehen (siehe Option A: Begehungen in Eigenregie) gearbeitet werden. Hierbei bleibt lediglich zu klären, ob die externen Begeher direkt mit der Software des Auftraggebers arbeiten oder ob Schnittstellen zur Software des Auftraggebers (Webservices) zum Einsatz kommen sollen.

Im zweiten Fall ergibt sich wieder das oben beschriebene doppelte Dilemma. Vertrauen Wohnungsunternehmen dem Dienstleister soweit, dass sie „formal“ sein Unterweisungsdokument und seine Nachweisdokumente archivieren und sich ansonsten zurücklehnen? Oder etablieren sie zusätzliche eine interne oder externe Kontrolle, die dann notwendigerweise auch mit dem Thema vertraut ist?

Der Monitor stellt alle Meldungen, die im SAP-System hinterlegt sind, übersichtlich dar.

Fazit

In Haftungsfragen sind die beschriebenen Nachweis- und Unterweisungsdokumente unerlässlich. Eine gut belegbare Dokumentation kann aufkommende Fragen nach der Haftung schnell und kompromisslos klären. Wer sicher gehen will, kommt um eine Aufsichtsinstanz nicht herum. Natürlich ist das mit Kosten verbunden – mit effektiven Softwarelösungen lassen sich diese aber in Grenzen halten. Der Schlüssel zu einer solchen Lösung ist ein Regelsatz für Verkehrssicherungspflichten im eigenen ERP-System und die Zusammenstellung von Checklisten auf Basis dieses Regelwerks. Arbeiten die Begeher mit diesen Checklisten, kann jederzeit festgestellt werden, ob regelkonform gearbeitet wurde oder nicht. Zu diesem Zweck wurde Datatrains mobile Lösung zur Wahrnehmung der Verkehrssicherungspflicht entwickelt. Sie optimiert Abläufe, bildet den Prozess umfassend und stringent ab und sorgt dank der direkten Vor-Ort-Eingabe in das ERP-System dafür, dass die Weiterverarbeitung von Hinweisen oder Aufträgen gewährleistet ist. So ist die Haftungsfrage im Zweifel schnell geklärt.

Veröffentlicht in IVV immobilien vermieten & verwalten, Ausgabe 5/2020